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Fan(atisch): Wenn die Fanliebe toxisch wird

Es kommt wirklich nicht häufig vor, dass ich mich für meinesgleichen schäme. Mit meinesgleichen meine ich Nerds und Geeks, Fans, die sich voll und ganz ihren Helden aus Leinwand, Literatur und Comic verschreiben. Allerdings ist es dieser Tage leider wieder so weit gekommen, dass ich (und die beiden anderen auch) mit dem Kopf schütteln kann. Schauspieler Wyatt Russell hat für seine Rolle in The Falcon and the Winter Soldier Morddrohungen erhalten. Leider ist das kein Einzelfall, bei dem Fanliebe toxisch wird.

Ein neuer Captain

Ich erinnere mich noch an den Abend, an dem ich mir die erste Folge von The Falcon and the Winter Soldier, auf Disney+ angeschaut habe. Die Story war ok, etwas Action, aber eher so vor sich hinplätschernd. Allerdings endete die erste Episode mit einem Knall, denn ein neuer Captain America wurde vorgestellt. Wie kann Marvel es wagen, mir so in den Rücken zu fallen? Das ist nicht dein Schild, der gehört Steve Rogers, du Arsch. 

Ich glaube, dass es da vielen Fans ähnlich ging, als sie zum ersten Mal Wyatt Russell als neuen Captain America vor sich hatten. Wyatt, der Sohn von Kurt Russell, der ebenfalls seinen festen Platz im MCU als EGO hat(te), schlüpft in die Rolle des Soldaten John Walker. Er soll quasi der Captain America der neuen Generation werden. Schon nach der ersten Folge sind die Fans jedoch außer sich. Der Hashtag #notmycap trendet in den sozialen Medien. 

In der zweiten Folge lernen wir John Walker näher kennen. Er ist ausgebildeter Soldat und hatte schon immer den Ur-Captain-America als Vorbild. Er weiß selbst, was für eine große Ehre und Verantwortung es ist, den Schild zu tragen. Er weiß auch, dass er wohl ziemlich gehasst werden wird. Zumindest trifft innerhalb der Serie das bei Sam Wilson und Bucky Barnes zu. 

Nur ein kurzes Gastspiel als Captain?

Wer sich mit den Comics befasst hat, dem ist der Name John F. Walker nicht unbekannt. Ja, er trägt zumindest für eine kurze Zeit den Namen Captain America. Das gefällt Steve Rogers aber gar nicht. Kurz darauf sieht auch John Walker ein, dass Steve der Rolle des Cap besser gerecht wird und benennt sich später in U.S. Agent um, der den West Coast Avengers beitritt. Allerdings bringt ihn sein völlig überzogener Patriotismus immer wieder mit seinen Kollegen in Konflikt. Man muss den Charakter auch in den Comics nicht unbedingt mögen.

Nicht wir, Wyatt, nicht wir

Wo wir nun endlich beim eigentlichen Thema wären: Wir dürfen natürlich als Fans hassen. Denn wir lieben mindestens genauso leidenschaftlich. Allerdings sollte sich das doch nur auf die Charaktere beziehen. Und schon gar nicht sollten wir Schauspielern, die diese wundervolle Welt auf den Bildschirm oder Leinwand bringen die Hölle heißmachen oder ihnen Morddrohungen schicken, nur weil sie ihre Rolle so überzeugend rüberbringen, dass wir den Charakter hassen. 

So geschehen jetzt wieder im Fall Wyatt Russell. Noch vor einer Woche meinte der Schauspieler noch, dass es eine Ehre für ihn sei, nicht gemocht zu werden. Das darf es auch sein, weil er dann seinen Job nachweislich gut macht. Aber Drohungen, bis hin zu angedrohtem Mord gehen doch wirklich viel zu weit. 

Ich frage mich dann, was in solchen Menschen vorgeht. Ist es so, dass die sozialen Medien es einem viel zu leicht machen, solchen Scheiß jemandem gegenüber zu äußern? Was soll das? Es scheint wirklich so, als könnten diese Menschen keine Trennung zwischen Fiktion und Realität vornehmen. Manche Menschen wollen hingegen vielleicht einfach nur die Welt brennen sehen (Hust, Trolls). Muss man sich das als Person des öffentlichen Lebens gefallen lassen? 

Nein, muss man nicht und wir haben absolut kein Verständnis für solch toxische Scheiße unter Nerds, Geeks und Fans. Wenn ihr sowas macht, seid ihr keine Fans, sondern einfach nur kleine, minderbemittelte Arschlöcher. Das musste mal gesagt werden. Natürlich will ich hier nicht alle über einen Kamm scheren, denn auf die meisten Nerds, Geeks und Fans trifft das nämlich nicht zu. 

Leider kein Einzelfall

Wyatt Russell ist leider nicht der erste Schauspieler, der für seine Rolle gehasst wird. Höchstwahrscheinlich wird er auch nicht der letzte bleiben. Die Menschen, die hier aktiv haten und drohen, wissen offenbar gar nicht, dass damit nicht nur Karrieren, sondern auch Leben zerstört werden können. 

Welcher Star Wars Fan erinnert sich nicht an Jar Jar Binks aus Episode I?! Nicht nur die Figur ist bei der Fangemeinde verhasst. Der Hass einiger richtete sich auch gezielt auf Ahmed Best, den Mann, der ihm seine Stimme, Mimik und Gestik verlieh. Das Ganze ging so weit, dass er sich sogar das Leben nehmen wollte. Star Wars scheint ohnehin ein Franchise zu sein, dem viele toxische Fans anhängen

Jake Lloyd, der zur gleichen Zeit den jungen Anakin Skywalker verkörperte, stürzte nach dem Dreh total ab, nachdem er in der Schule wegen seiner Rolle gemobbt wurde. Auch in den neueren Filmen reißt das nicht ab: Kelly Marie Tran wurde bereits schon seit ihrem Casting zu Star Wars: Die letzten Jedi in der Rolle der Mechanikerin Rose Tico in den sozialen Medien gebasht. Sie löschte schließlich ihren Instagram-Account. 

Die Liste kann immer weiter geführt werden: 

  • Jack Gleeson, als Joffrey in Game of Thrones
  • Anna Gun, als Skyler in Breaking Bad
  • Seth Gilliam, als Father Gabriel in The Walking Dead
  • Und, und, und

Und nun?

Wir werden dieses Celebrity Bashing wohl nicht mit unserem bescheidenen Blog stoppen können. Wir können aber immerhin unseren Beitrag dazu leisten, indem wir uns von solchen Idioten distanzieren. Ihr habt nicht die Titel Nerds oder Geeks verdient. Wir sind dafür, dass wir mit unseren Lieblingshelden und -Figuren mitfiebern, mitlieben, mithassen. 

Allerdings haben die Menschen, die hinter und vor der Kamera stehen, es nicht verdient mit Morddrohungen und anderen Unmöglichkeiten überhäuft zu werden. Sie sind Menschen, die sich Mühe geben, uns eine eindrucksvolle Welt zu zaubern, in der wir uns verlieren können. Mal besser, mal schlechter. Dennoch sollten wir dankbar sein, dass wir solche Künstler, Schauspieler, Regisseure, etc. haben.